05 Mar 2016
Und was machen Sie so den lieben langen Tag? - Ich waterboarde mein Baby
Immer wieder, du weißt es, liebes Digitalvolk, wird hier auf Grillmöbel, dem „maßgeblichen Netzauftritt unserer Generation“ (IT Business 02/16), festgestellt, wie wichtig es ist, zu erkennen, was ist und zu benennen, was ist, ohne in die Falle der bequemen Scheinwelt zu tappen, die uns mit Feiertagsgewäsch, unerhörten Konsumoptionen und dem Frühlingsfest der Volksmusik vorgesülzt wird. Denkt man zB über Begriffe nach und wie diese gemeinhin vermittelt werden (zB von Eltern ihren Kindern gegenüber), wird schnell klar, wie viele Millionen Menschen dermaßen gegen jegliche Sinnhaftigkeit in die kaputte Zukunft schreiten können. Wenn ein Begriff erklärt wird, passiert das oft über die Relation dieses Begriffes zum Alltag bzw über den Nutzen für den Menschen. Was ist eine Kuh? Die Kuh gibt Milch. Was ist das Meer? Ans Meer kann man hinfahren, weil es da schön ist und darin schwimmen. Was ist Erdöl? Aus Erdöl macht man Benzin und Plastik. Was ist Brot? Der Bäcker backt Brot, damit wir immer welches zuhause haben. Was ist ein Stein? Aus Steinen kann man Häuser bauen. Die Dinge der Welt, sie sind selbstverständlich da und man macht das und das damit. Und die Zuschreibung einer wichtigen Eigenschaft wie zB Seltenheit kommt eher bei „Gold“ als bei „Wasser“.
Was viele als Bedeutung von Begriffen lernen, ist mehr ein Sammelsurium von Verwertbarkeitsaussagen, Handlungsweisungen und Personfizierungen. Wir können oft erst dann mit Wörtern etwas anfangen, wenn sie vollends vermenscht sind. Selten wird tatsächlich das zur dominierenden Assoziation beim Hören eines Begriffes, was tatsächlich wahrnehmbar oder was tatsächlich ist.
Das, was wir Meer nennen, also die großen Wasserflächen auf der Erde, ist zB Ergebnis sehr vieler unwahrscheinlicher Zufälle und schert sich nicht im Geringsten darum, ob es dem Menschen, der ein ebensolches Produkt ist, nun schöne Ferien bietet oder nicht (erkennbar beispielsweise an Tsunamis).
Die kritischen Theoretiker_innen haben Recht, wenn sie das Unterwerfen der Natur bis zum Äußersten zum Kernstück bürgerlicher Ideologie erklären, und Brian Cox hat Recht, wenn er aus der Erkenntnis, dass nunmal jedwede Existenz ein glücklicher Zufall ist, fordert, dass man dieses Glück vielleicht auch mal bewusst erleben sollte. Anders bei den Religiösen: Kein Glück, nein, Dankbarkeit für die Schöpfung soll in jedem Moment erlebt werden. Bei wem bedanken wir uns denn? Dank setzt Intention voraus und wenn das Intention ist, was hier (auf dem mit bewussten Lebewesen ausgestatteten Planeten) abgeht, dann ist Dank nun wirklich nicht die angebrachte Reaktion (eher ein Reichstags Kirchenbrand).
Und wieder sehen wir, es gibt keine Götter, nur den Nihilismus, und um den vielleicht nicht ganz so konsequent auszuleben, einfach mal Dinge so beschreiben, wie sie sind. Dadurch wird die Kuh zu einem individuellen Lebewesen, das Brot zu einem großartigen Auswuchs menschlicher Kreativität, das Meer zu einem Haufen Salzwasser, das allerlei positive Auswirkungen auf so gut wie alle Lebewesen hat und das Erdöl zu Öl, das in der Erde lagert und dadurch viele gefährliche Gase bindet. Und schon sind wir nicht mehr bei Selbstverständlichkeiten, sondern bei Respekt, einer gewisse Demut und dem Ziel, noch ein paar Jahrzehnte mehr zu überleben. Na?