01 Aug 2018
Kauf kein Auto, Arschloch
Die großen Konsumtempel und Makrokonzernketten sind in ihrer vorzeigekapitalistischen Natur darauf angelegt, totalitär zu sein. In aktuellen Reklameschaltungen zeigt sich immer regelmäßiger die Tendenz, gerade das ins Angebot nehmen zu wollen, das feilzubieten, was dem Massen- und Verwertungscharakter komplett widerspricht.
„Berlins größter Späti“ - dröhnt dann das Berliner Ring Center, ein monumentales Einkaufszentrum, das genau eines nicht sein kann, nämlich ein Späti.
Nur eine raffinierte Imagekampagne, so denkt offensichtlich jemand, für den die Realität nur eine Problemstellung ist, kann den kleinen Laden von nebenan mit dem persönlich bekannten schrulligen Besitzer und dem beschränkten, aber sympathischen Sortiment, im totalen Kontrapunkt wiederfinden.
Ebenso wenigversprechend sollte eine Ad des Milliardenimperiums McDonald‘s eigentlich sofort befunden werden: „Ab jetzt: Kaffee mit Barista-Qualität“ (oder sinngemäß).
Dieses widerliche Verlangen, alles zu bieten, was nachgefragt wird, gegen jede Realität, dieses Verlangen, totalitär zu sein, ist es, das eine Fast Food-Kette zu einem solchen wahnwitzigen Versprechen treibt. Massenware und gleichzeitig individuell, berechnend und gleichzeitig herzlich sein, das funktioniert nur in der Wahnwelt des modernen Turbokapitalismus.
Oder eben nicht. Doch selbst im diesem Fall sind diese bekloppten Werbeversuche, die wie ein bockiges Kind herausschreien: „Kuck mal, was ich kann!“, nur die Top-Down-Seite des Ganzen und auf der Bottom-Up-Seite stehen die Ansprüche der Konsument_innen dem an Unfug in nichts nach. Alles hat es überall zu geben, gutes Essen, Kaffee (nach Barista-Qualität, of course) und die Möglichkeit, mithilfe der etablissementeigenen WLAN-Verbindung nebenher auch noch zu arbeiten, also die Zeit, die sonst nur mit leiblichem Wohl verschwendet würde, endlich auch nutzen zu können.
Führt in der logischen Konsequenz und der Realität, die leider auch nach logischen Regeln abläuft, zu: Mehr Massenwaren in höheren Preisklassen, weniger günstigen und selbstgestalteten Räumen, Allgegenwart von Laptops und Smartphones mit den bekannten Kollateralschäden. Der Kapitalismus reagiert auf die Trends.
Man könnte sich die Frage stellen, weshalb sich nach dem Totalitären dem Immergleichen dermaßen gesehnt wird. Und Fragen, die damit zusammenhängen: Warum muss die Datsche einen Flachbildfernseher haben und denselben Schlafkomfort wie die Erstwohnung? Warum erregt ein internetfreier Raum eigentlich Anstoß? Und letztlich: Warum darf McDonald‘s heute nicht mehr wie eh und je erschwingliche Massenware verkaufen und das Einkaufszentrum ein Einkaufszentrum sein?
Wegen Jeff Bozo?